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Low Carb oder Low Fat? Was ist besser?

Ein neuer Beitrag des „Spiegel“ zum Thema „Abnehmen“ hat es mal wieder in sich. Schon die Überschrift als Frage ließ mich zusammenzucken und spontan tauchte die Gegenfrage bei mir auf: Besser wofür? Zum Abnehmen? Und richtig. Der „Spiegel“-Artikel handelt vom Abnehmen und was besser wirkt. Es scheint also noch nicht bis zum „Spiegel“ vorgedrungen zu sein, dass man mit Diäten nicht abnehmen kann. Wenn dem so wäre, warum gibt es dann alle naselang „neue Diäten, die wirklich helfen“, angeblich? Damit geht der „Spiegel“-Beitrag von Anfang an von absolut falschen Voraussetzungen aus. Dementsprechend sieht dann mal wieder das Ergebnis aus.

Die bunte Welt der Diäten und Abnehmkuren

Übergewicht ist kein Grund, eine Diät zu machen. Denn Übergewicht ist nicht deshalb da, weil man vergessen hatte, ein paar Diäten durchzuführen. Übergewicht ist in der Regel das Resultat einer qualitativ schlechten Ernährung, wobei der Ersatz von Qualität durch eine erhöhte Quantität sein Übriges dazu tut. Übergewicht ist ein Gesundheitsproblem für die Betroffenen und weniger ein Problem der Schönheit. Darum rate ich jedem, der eine Diät machen und deshalb wissen will, welche denn jetzt „wirklich hilft“: Nie wieder Diät - Warum Diäten dick machen und:Wie Sie dauerhaft und gesund abnehmen…
Weiterführende Argumente gegen Abnehm-Diäten und verwandtem Unsinn können Sie hier nachlesen:

Was sagt der „Spiegel“-Artikel zu diesem Thema? Er sagt erst einmal, dass man von fettarmen und kohlenhydratarmen Diäten abnehmen kann. Dann kommt der immer wieder erfreuliche Aspekt der Konkurrenz mit ins Spiel: Wer ist besser zum Abnehmen und als zweites Ziel – bei welcher Diät „schmelzen die Fettpolster tatsächlich schneller?“. Schon alleine diese Frage verrät, dass es für die Autorin des Artikels keinen Zweifel daran gibt, dass Diäten fürs Abnehmen bestimmt sind und für nichts anderes.

Danach folgen ein paar Erklärungen für den nicht so versierten Leser. Low-Carb sind wenig Kartoffeln, Nudeln etc., während Low-Fat Fettverzicht bedeutet. Danach wird eine wissenschaftliche Studie zitiert (Calorie for Calorie, Dietary Fat Restriction Results in More Body Fat Loss than Carbohydrate Restriction in People with Obesity), die bei 19 Erwachsenen hat zeigen können, dass ein Verzicht auf Fett zu einem höheren Fettverlust führte als ein Verzicht auf Kohlenhydrate. Ich erspare mir an dieser Stelle den Hinweis auf die statistisch nicht signifikante Anzahl der Studienteilnehmer und deren nicht existente Aussagekraft. Auf der anderen Seite braucht man wohl auch keine Tausende von Probanden zu studieren, um als Ergebnis zu erhalten, dass ein Verzicht auf Fett mehr Fett abbaut als ein Verzicht auf Kohlenhydrate oder ein Verzicht auf die „Spiegel“-Lektüre.
Danach kommt der Schwenk in die Psychologie. Denn die vorliegende wissenschaftliche Studie wird sicher wieder einmal von so einigen Zeitgenossen in Zweifel gezogen, was nicht sein darf. Und darum sucht die Autorin die Ursachen für die Kritik in der Psychologie der Kritiker. Denn die sind anscheinend nicht ganz bei Sinnen, sondern gehören zu den Zeitgenossen, die „eine sehr gefestigte Meinung darüber [haben], was am Wichtigsten beim Abnehmen ist. Die physiologischen Daten, auf denen diese Vorstellungen fußen, sind zum Teil dünn...“ zitiert sie ein Mitglied des National Instituts of Health in den USA.
Nachdem wir also jetzt wissen, dass alle, die dem „Spiegel“ widersprechen, nur „eine gefestigte Meinung“ haben, auch wenn es gegenteilige wissenschaftliche Untersuchungen dazu gibt, die alles andere als dünn sind, kann es weitergehen mit der Durchführung und den Ergebnissen der Studie. Selbiges wird im Artikel ausführlich dargelegt, womit mein Dazutun sich erübrigt.

Interessant jedoch ist es zu erwähnen, dass die Forscher aus ihren Ergebnissen ein mathematisches Modell schnitzten. Klar, bei den dünnen Ergebnissen mit so einer dünnen Teilnehmerzahl droht immer der Vorwurf, wofür dieses Theater inszeniert worden sei. Denn mit Wissenschaft hat das bis jetzt kaum etwas zu tun. Wie gesagt, ich brauche keine groß angelegte Studie, um zu „beweisen“, dass ein Verzicht auf Fett den Verlust von Fett mit sich bringt und dass der höher ausfällt als ein Verzicht auf Pflaumenkuchen. Also muss noch etwas mehr Wissenschaft eingebaut werden. Und das ist die Mathematik, die vorhersagen hilft, was passiert, wenn man ein halbes Jahr unter Studienbedingungen verbringt. Das erarbeitete Voraussage-Model bezieht seine wissenschaftliche Berechtigung daraus, dass es keinen Menschen gibt, der ein halbes Jahr ohne Pflaumenkuchen existieren kann. So sagt uns das Mathe-Model voraus, dass bei einem halben Jahr ohne Fett drei Kilo Fett mehr verloren gehen als bei einem halben Jahr ohne Kohlenhydrate. Prima! Und wie sieht es ohne Pflaumenkuchen aus? Darüber gibt es keine Angaben, leider…

Spiegelhafte Schlussfolgerung der Wissenschaft

Jetzt sollte feststehen, dass eine Diät mit Erfolg nur eine fettfreie oder fettarme Diät sein kann. Aber was ist? Pflaumenkuchen…. Nein, Pustekuchen. Welche Diät ist die Beste? Der „Spiegel“ und sein amerikanischer Spießgeselle wissen es auch hier wieder einmal ganz genau: „Hall gibt daher allen, die abnehmen wollen, einen altbekannten Rat: Zurzeit ist die beste Diät die, die man einhalten kann.“ Oder mit anderen Worten: Wenn Sie einen Verzicht auf Pflaumenkuchen (oder Pustekuchen) durchhalten, dann ist das die beste Diät und man nimmt sofort oder nach einem halben Jahr oder etwas später oder gar nicht ab. Es ist schon erschreckend, was uns hier als Wissenschaft von einer Biochemikerin aufgetischt wird, die gerne Krimis schreibt und „ein Faible für kuriose Studien“ hat. Denn die vorliegende „kuriose“ Studie ist nahezu aussagelos und kommt aufgrund von falschen Prämissen zu notwendig falschen Schlüssen. Und diese falschen Schlüsse wurden ermöglicht durch etwas, was man den Kritikern gerne zum Vorwurf macht: Die eigene gefestigte Meinung, in diesem Fall, dass Diäten fürs Abnehmen taugen. Wir sollten diese Meinung respektieren, aber nicht akzeptieren. Denn Meinungen sind als Werkzeug für die wissenschaftliche Erkenntnis komplett untauglich. Hier zählen Fakten mehr als Meinungen.

Und ein Fakt ist, dass bei einer fettarmen Ernährung über einen längeren Zeitraum etwas droht, was vom Mathe-Model der 19-Probanden-Studie vollkommen übersehen wurde: Es besteht die Gefahr, dass es zu einem Mangel an lebenswichtigen Fettsäuren kommt. Und die Folgen: Lecithin gegen hohe Leberwerte bei fettfreier Diät. Da kocht sofort die Frage hoch: Gibt es etwas Ähnliches auch bei einem Verzicht auf Kohlenhydrate über einen längeren Zeitraum? Oder: Gibt es essentielle Kohlenhydrate, wo ein Mangel ungute physiologische Konsequenzen mit sich bringt? Auch nach längerem angestrengtem Nachdenken kann ich keine solche Konsequenzen finden.

Kohlenhydratarme Diät als Anti-Diät

Hohe Fettwerte sind kein Grund zur Sorglosigkeit. Aber hohe Blutzuckerwerte sind ebenfalls Grund zur Sorge. Sie sind nicht einfach nur Vorboten für Diabetes, sondern ein Symptom für einen aus den Fugen geratenen Stoffwechsel. Daher hat eine kohlenhydratarme Diät als Ernährungsform und nicht als Abnehm-Diät einen profunden Einfluss auf die Gesundheit der Betroffenen. Hier steht auch nicht die Frage zur Diskussion, was ist besser – weniger Fett oder weniger Kohlenhydrate. Zu viel Fett ist auch keine Lösung und absolut kontraproduktiv.

Aber mit einer kohlenhydratarmen Ernährung beeinflusst man wesentlich mehr gesundheitliche Faktoren als man dies mit einer fettarmen Ernährung tut. Man kann sogar davon ausgehen, dass eine Reduktion an Fett der Gesundheit potentiell abträglich ist (siehe Mangel an essentiellen Fettsäuren), eine Reduktion an Kohlenhydraten dagegen gesundheitlich förderlich. Unter Ketogene Diät habe ich zusammengefasst, was eine kohlenhydratarme Ernährung bewirken kann. Auch Skeptiker, die eine zuckerarme Ernährung nicht als unbedingt notwendig betrachten, können nicht umhin einzugestehen, dass Zucker in erster Linie und andere Kohlenhydrate einer Entwicklung von Tumoren exponentielle Schubkraft verleihen. Von Fetten kennen wir diese Fähigkeit nicht. Fette im Übermaß endet in Übergewicht und daraus folgend einer Insulinresistenz, die wiederum für erhöhte Blutzuckerwert sorgt. Und schon sind wir wieder beim Zucker, der das gesundheitliche Problemkind ist (und bleibt). Aber um solche Zusammenhänge geflissentlich zu übersehen, dazu braucht es dann doch wieder eine „gefestigte Meinung“. Und die hat man beim „Spiegel“, genau wie bei der Frage zur allein selig machenden Heilswirkung bei Impfungen.

Zum Schluss

Da gibt es noch ein Wort der Kritik vom „Spiegel“ an der vorliegenden Studie, denn man ist ja kritisch. Denn die Autorin stellt fest, dass die Studie nichts darüber aussagt, „wie gut sich Menschen im Alltag an diese Diätformen halten“. Wäre die Studie mit Pflaumenkuchen durchgeführt worden, dann hätten die Autoren diesbezüglich entsprechende Aussagen machen können, vermute ich. Von daher mussten die Autoren ihre 19 Probanden einsperren und zur Diät zwingen. Prima! Wie man sieht, ist diese Aussage ähnlich aussagelos wie die Studienergebnisse. Daher habe ich langsam den Verdacht, dass hier mit der Studie und der dazu geführten Diskussion etwas ganz anderes an den Mann und die Frau gebracht werden soll. Und das ist das…

Fazit

Die vorliegend gefestigte Studien-Meinung des „Spiegel“ und seinen angeschlossenen amerikanischen Freunden verkündet uns mit pseudowissenschaftlichem Beleg, dass die Vermeidung von Zucker Schwachsinn (= gefestigte Meinung) ist. Die alte DGE-Wissenschaft, dass Fett der Übeltäter ist, ist das ernährungsphysiologische Mekka. Es lebe die Zucker-Industrie. Aber keine Angst – die Studie, und das vergisst der „Spiegel“ nicht zu erwähnen, wurde nicht von der Zucker-Industrie bezahlt, sondern von den „National Institutes of Health“ (NIH). Und Letzteres grenzt nahezu an ein Wunder, wo die NIH nur 5 Prozent aller Anträge auf finanzielle Unterstützung bewilligt. Ich kann beim besten Willen nicht verstehen, warum die NIH ausgerechnet so eine flaue Studie unterstützen soll.